Paca Domo-Kids auf dem 36. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin - Wittenberg (Nachtrag)

29.06.2017

Paca Domo-Kids auf dem 36. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin - Wittenberg (Nachtrag)

Am Evangelischen Kirchentag in Berlin vom 24. bis zum 27. Mai 2017 nahmen auch insgesamt sieben unbegleitete minderjährige Ausländer (UMAs) unseres Paca Domo-Projektes samt Betreuerinnen und Betreuer teil.

Am Evangelischen Kirchentag in Berlin vom 24. bis zum 27. Mai 2017 nahmen auch insgesamt sieben unbegleitete minderjährige Ausländer (UMAs) unseres Paca Domo-Projektes samt Betreuerinnen und Betreuer teil. Bei den „Paca Domos" handelt es sich hierbei um fünf Muslime aus Afghanistan und Syrien sowie um zwei Christen aus Eritrea. Grund genug für uns, im Nachgang ihre dort gemachten Eindrücke und Erfahrungen aufzuzeichnen. Stellvertretend für diese Gruppe sprachen wir mit Abdallah und Mahder. Abdallah, der seit Oktober 2015 in Neinstedt lebt, ist Muslim und stammt aus Syrien, Mahder kommt aus Eritrea und gehört dem christlichen Glauben an. Er lebt seit November 2016 in unserem Paca Domo-Projekt.

Die Unterbringung während dieser Zeit erfolgte sowohl für die „Paca Domos" wie auch für die Betreuerinnen und Betreuer in einem Klassenraum in einer Grundschule in Berlin-Licherfelde. Dass ausnahmslos auf Isomatten bzw. Klappbetten geschlafen wurde, löste bei einigen Betreuerinnen bzw. Betreuern nicht unbedingt Begeisterung aus. Durchgehend anders hingegen die Reaktion von Mahder und Abdallah, für die diese Form der Unterbringung ein Stück Normalität darstellt, sind sie doch aus ihren Heimatländern das Schlafen auf Matten und Matratzen auf dem Boden gewohnt.

Höhepunkt des ersten Tages war der Besuch des „Abends der Begegnung" am und um das Brandenburger Tor. Bis morgens um 0.30 Uhr spielten hier zahlreiche Bands, unter anderem auch Max Giesinger. Rückblickend schildern beide Paca Domo-Kids dieses Event als sehr positiv, zumal die Grundstimmung aller dort Anwesenden als ausgesprochen tolerant und weltoffen wahrgenommen wurde.

Trotzdem zeigen sich gerade hierbei unterschiedliche Wahrnehmungen, die sich aus der Herkunft des jeweiligen Betrachters ergeben. So verweist Mahder lapidar darauf, dass ihm grundsätzlich ähnliche Musikevents – wenn auch nicht in dieser Größenordnung – aus seiner christlich geprägten Heimat in Eritrea bekannt seien. Für den Muslim Abdallah hingegen löste gerade der „Abend der Begegnung" einen Lernprozess aus, da Anhänger seiner Glaubensrichtung religiöse Feiern grundsätzlich ohne (weltliche) Musik begehen. Aber gerade dieser, für ihn anfänglich sehr fremde Abend habe ihm auch geholfen, die christliche Kultur besser kennenzulernen.

Weitere Stationen bildeten am Donnerstag der „Markt der Möglichkeiten" sowie am Freitag das Tempodrom. Für die Betreuerinnen und Betreuer war hierbei vollkommen unverständlich, wie man nach solch einem kräftezehrenden Tag regelmäßig abends noch Fußballspielen kann. Immer mit dabei Mahder, der bei Stahl Thale inzwischen im linken Mittelfeld seinen Platz in einer Fußballmannschaft gefunden hat.

Obwohl zwischenzeitlich Zeit zum Shoppen und zum Besuch des Alexanderplatzes zur Verfügung stand, erzeugte das Tempodrom mit seinen vielfältigen Events bei unseren Paca Domos eine besondere Wirkung, bildete es doch die Plattform des Kirchentages für junge Menschen. So benennt Mahder auf die Frage nach den schönsten Begebenheiten während des Kirchentages das hier von Flüchtlingen aus Eritrea gestaltete Theater sowie Aufführungen von afrikanischen Musikgruppen.

Abdallahs Antwort auf die Frage nach einem positiven Erlebnis während des Kirchentages überraschte anfangs die Interviewer. Im Mittelpunkt steht hierbei eine Polizeikontrolle vor dem Haupteingang des Tempodroms, wo sich Abdallah und einige andere Paca Domos aufhielten, um zu rauchen. Bei dieser Personenkontrolle konnte Abdallahs lediglich einen Schülerausweis vorweisen, der jedoch von den Beamten nicht akzeptiert wurde. Seine Dokumente, sicher verstaut im Neinstedter Paca Domo, wurden daraufhin jedoch schnell von einer dortigen Mitarbeiterin abfotografiert und sofort auf Abdallahs Smartphone weitergeleitet. Sie konnten der Polizei so schnellstens vorgelegt werden.

Dieses unkonventionelle Verfahren wurde von den Polizisten akzeptiert. Abdallah hingegen, der Polizeikontrollen in Syrien grundlegend anders kennt, zeigt sich selbst mit einem zeitlichen Abstand von einigen Wochen von diesem Ereignis sichtlich positiv beeindruckt

Die Antwort auf die Frage nach möglicher Kritik am Evangelischen Kirchentag lautete spontan, dass die dort verkauften Döner überteuert und qualitativ nicht mit denen aus Quedlinburg zu vergleichen waren. Dann allerdings formulierte Abdallah eine Gegenfrage: „Warum sahen wir in all den Tagen in Berlin fast keine anderen UMAs? Obwohl doch der Eintrittspreis für die Tickets gerade für diese Gruppe stark reduziert wurden?" Eine Antwort hierauf blieben alle bei diesem Interview Anwesenden schuldig.

Das Fazit von beiden Paca Domo-Kids zum Evangelischen Kirchentag in Berlin lautete übereinstimmend, dass diese vier Tage in Berlin in der Rückschau wie ein einziger Tag erscheinen. Insofern macht dies für die Betreuerinnen und Betreuer Mut, zukünftig ähnliche Projekte mit unseren Paca Domos zu verfolgen. Außerdem bleibt festzuhalten, dass selbst Maßnahmen, die sich aus einer verschärften Sicherheitslage ergeben (s. Personalfeststellung am Tempodrom), durchaus eine völkerverbindende Wirkung entfalten können.