Digitalisierung in der Pflege - Der Behindertenaktivist Raúl Krauthausen besucht Neinstedt

25.11.2019

Digitalisierung in der Pflege - Der Behindertenaktivist Raúl Krauthausen besucht Neinstedt

Am Mittwoch, den 20. November, fand der diesjährige Jahresempfang der Evangelischen Stiftung Neinstedt statt.

„Wer gestaltet, entwickelt Lösungen. Wer zuschaut verliert den Anschluss!“ Mit dieser These eröffnete der Pädagogisch- Diakonische Vorstand der Stiftung, Hans Jaekel, seine Rede an die zahlreichen Gäste, die auf die unterschiedlichste Art mit der Stiftung verbunden sind.

„In künstlicher Intelligenz, digitalen Arbeitsprozessen und der Automatisierung liegen Chancen für Menschen mit Behinderung, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Künstliche Intelligenz wird bei der Pflege und Betreuung von Menschen eine Rolle spielen“, ist sich Hans Jaekel sicher. Die wesentliche Frage zu diesem Thema ist aus Sicht von Hans Jaekel, ob diese Lösungen dann auch der christlichen Ethik standhalten. „Die Würde des Menschen muss unantastbar bleiben und die Freiheit eines Menschen muss gewahrt bleiben.“

Dem Ablauf der letzten Jahren folgend, stellte der Kaufmännische Vorstand der Stiftung, Stephan Zwick, die Zahlen des vergangenen Jahres vor. Der Umsatz ist um 3% zum Vorjahr gestiegen. Im Vergleich der letzten 5 Jahre, gab es einen Zuwachs von ca. 35 %, der größtenteils durch die Übernahme der Trägerschaft der Kitas der Stadt Thale begründet ist. „Wir arbeiten für Menschen“ betonte Stephan Zwick und machte das dadurch deutlich, dass zum Beispiel in diesem Jahr mehr als 600 Menschen mit psychischen Problemen bei der Stiftung Hilfe erhalten haben. In punkto Digitalisierung erläuterte Stephan Zwick: „Wir haben uns auf den Weg gemacht, die Stiftung auf ein gutes digitales Niveau zu bringen“.
Raúl Krauthausen, Behindertenaktivist und Begründer der Sozialhelden aus Berlin war zum Jahresempfang geladen, um die Digitalisierung aus seiner Sicht zu beurteilen.
„Ich lege die Finger in die Wunde“, war dann auch die Kernaussage von Raúl Krauthausen. Für ihn geht es in der Digitalisierung in erster Linie, Menschen mit einer Behinderung besser zu verwalten und nicht um sich um die Belange der Betroffenen zu kümmern. Er kenne keinen Menschen mit einer Behinderung, der sich über einen Pflegeroboter freuen würde. Wichtig wäre aus seiner Sicht, dass man mehr mit den Menschen ins Gespräch kommt und die Strukturen durchsprengt. Menschen mit einer Behinderung müssen gleichberechtigte Partner werden, die auch an wichtigen Stellen in Unternehmen arbeiten. Nur so lassen sich auch weiterhin Steigerungen für Einrichtungen der Behindertenhilfe erreichen. Anhand vieler Beispiele konnten die Anwesenden dann auch gleich erfahren, was Raùl Krauthausen am Herzen liegt. Von unerreichbaren Briefkästen oder Bankautomaten, bis zu Gaststätten und Geschäften die für Menschen im Rollstuhl unerreichbar sind. "Gut gemeint, ist nicht immer gut gemacht", so Raúl Krauthausen. Es bedarf ein so genanntes "Designthinking", was der Mensch wirklich braucht und wie diese Überlegungen umgesetzt werden können. Abschließend betonte Raúl Krauthausen, "Inklusion ist ein Prozess und kein Ziel und wir müssen einander aushalten".
Hans Jaekel bedankte sich für die spannenden Erläuterungen bei Raúl Krauthausen und betonte: "Sie haben uns aus der Deckung geholt und wir haben jetzt Hausaufgaben bekommen, uns noch mehr mit den Belangen von Menschen mit einer Behinderung aus einander zu setzen".
Im weiteren Verlauf des Empfanges gab es dann die Möglichkeit, sich mit den Anwesenden untereinander über Digitalisierung und anderen Themen im Bereich der Eingliederungshilfe auszutauschen.