In Deutschland ist unterlassene Hilfeleistung ein Straftatbestand

20.07.2018

Für eine christliche, menschenrechtliche und solidarische Flüchtlingspolitik in Europa!

Vor einiger Zeit war das Mittelmeer ein Inbegriff für Traumurlaube an herrlichen Stränden. Inzwischen kommen fast täglich Meldungen über ertrunkene Flüchtlinge und überfüllte Schiffe, die nicht an Land gelassen werden – Menschen, die niemand will. Mit Sorge betrachtet die Evangelische Kirche diese Situation. Italien und Malta schotten sich ab. Private Hilfsorganisationen, die im Mittelmeer Flüchtlinge aus Seenot retten, werden als Gehilfen der Schlepperbanden kriminalisiert.

Der Ratsvorsitzende der EKD Heinrich Bedford-Strohm findet es "skandalös, dass nicht die moralisch diskreditiert werden, die über Leichen gehen, sondern dass sich die rechtfertigen müssen, die Menschen retten … Die Staaten der Europäischen Union müssen sich verpflichten, im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge aufzunehmen", fordert Heinrich Bedford-Strohm. Wenn Politik einkalkuliere, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken, dann drohe Europa seine Seele zu verlieren.

Dazu Angelika Zädow, Superintendentin des Kirchenkreises Halberstadt: „Wenn geltendes internationales Recht von einigen Länder unterlaufen wird, sind Demokratie, Gleichberechtigung und Menschenwürde in Gefahr … Wer `nein` zur Rettung von Menschen sagt, sagt `ja` zu ihrem Tod. Wo das geschieht, werden Achtung, Nächstenliebe und Humanität gleich mit geopfert.“

Der Kapitän des deutschen Rettungsschiffs „Lifeline“, Claus-Peter Reisch, kritisierte, dass private Seenotretter kaum noch im Mittelmeer unterwegs sein könnten. „Man zieht jetzt einfach einen Vorhang vor dieses Schmierentheater, damit niemand mehr sehen kann, was da passiert.“
Dabei ist ganz klar völkerrechtswidrig, Menschen in Seenot nicht zu retten.
„Flüchtlingspolitik in Europa: Erst stirbt das Recht, dann der Mensch!“, lautet das Motto einer Petition, die auf der Internet-Plattform „Change.org gestartet wurde. Die Regierungen der EU werden aufgefordert, Lösungen und eine Sprache zu finden, die von Humanität geleitet sind. „Bekämpfen Sie Fluchtursachen, nicht die Flüchtlinge. Wahren Sie internationales Recht, statt es durch Abschottung auszuhöhlen. Entscheiden Sie sich für eine Politik der Mitmenschlichkeit und Solidarität, damit Europa seine Würde behält“, so die Petition.

https://www.ekmd.de/presse/pressestelle-erfurt/landesbischoefin-kritisiert-fluechtlingspolitik-in-europa.html

https://chn.ge/2NfDb8

Für eine christliche, menschenrechtliche und solidarische Flüchtlingspolitik in Europa!

Als Christinnen und Christen, als Bürgerinnen und Bürger, fordern wir die Regierungen in der EU auf, den Flüchtlingsschutz nicht weiter zu gefährden. Von unseren Kirchen in Europa erwarten wir die Verteidigung der Menschenwürde ohne politische Rücksichtnahme.
Kriege, Unterdrückung und Ungerechtigkeit sind zentrale Gründe dafür, dass Menschen ihr Zuhause verlassen. Für Staaten, und Gesellschaften ist diese Not eine Herausforderung. Viele Menschen in Europa sehen das Problem jedoch in den Flüchtlingen und Migranten und fordern Abschottung. Die Politik folgt dieser Logik immer mehr. Es ist höchste Zeit, dies zu ändern und die Folgen dieser Entwicklung klar zu benennen.

Die Regierungen in Europa dürfen sich nicht aus der Verantwortung stehlen, indem sie Grenzen schließen und Menschen in Not abwehren. Die Europäische Union braucht Humanität und Ordnung in der Flüchtlingspolitik, nicht Härte und Auslagerung. Es ist richtig, über gemeinsame Grenzkontrollen festzustellen, wer nach Europa einreist und für eine faire Verteilung der Flüchtlinge zu sorgen. Aber es ist völkerrechtswidrig, Menschen in Seenot nicht zu retten. Es ist unverantwortlich, Menschen monatelang in Lagern festzuhalten, andere Staaten für die Abwehr von Flüchtlingen zu bezahlen und gefährliche Herkunftsstaaten für sicher zu erklären. Diese Abschottung schreitet seit Jahren voran und höhlt das internationale und europäische Flüchtlingsrecht aus. Dabei wissen wir aus der Geschichte: Erst stirbt das Recht, dann stirbt der Mensch. Diese Flüchtlingspolitik hat keine gute Zukunft. Diese Politik bedroht nicht nur die Flüchtlinge, sie setzt auch unsere eigene Humanität und Würde aufs Spiel. Die Kampagnen gegen jene, die sich für Flüchtlinge einsetzen – insbesondere die zivile Seenotrettung –, zeigen: Moral wird verunglimpft und Menschlichkeit kriminalisiert. Wir lassen uns durch diese Politik nicht zum Schweigen bringen. Wir werden weiter für Mitmenschlichkeit einstehen und Zeugnis in unserer Zeit ablegen. Unsere Kirchen und Häuser müssen Zufluchtsorte für alle Menschen bleiben, die Hilfe, Schutz und Hoffnung suchen. Nicht nur, weil wir als Christinnen und Christen eine Gemeinschaft aus verschiedenen Ländern sind. Sondern auch, weil unser Glaube uns dazu herausfordert: in Jesus Christus erkennen wir den Notleidenden, den Flüchtling, den Mitmenschen.

Wir fordern von den Regierungen in der Europäischen Union:
Finden Sie Lösungen und eine Sprache, die von Humanität geleitet sind. Bekämpfen Sie Fluchtursachen, nicht die Flüchtlinge. Wahren Sie internationales Recht, statt es durch Abschottung auszuhöhlen. Entscheiden Sie sich für eine Politik der Mitmenschlichkeit und Solidarität, damit Europa seine Würde behält.

Wir fordern von den Kirchenleitungen in Europa:
Setzen Sie sich für Flüchtlinge ein. Äußern Sie sich mutiger, klarer und unmissverständlich. Nehmen Sie keine Rücksicht auf die Politik, sondern nur und ausschließlich auf die Menschen in Not. Setzen Sie sich in dieser historischen Situation für Flüchtlingsschutz und Humanität ein: Weisen Sie alle politischen Vorschläge zurück, denen nicht Liebe und Mitmenschlichkeit zugrunde liegen. Besuchen Sie die schutzsuchenden Menschen in ihren Unterkünften. Sprechen Sie mit den Helferinnen und Helfern, die aus Verzweiflung resignieren. Stärken Sie die Einrichtungen, die sich für Flüchtlinge einsetzen.

“Gib Rat, sprich Recht, mach deinen Schatten am Mittag wie die Nacht; verbirg die Verjagten, und verrate die Flüchtigen nicht!” (Jesaja 16,3)