Drama am Elfmeterpunkt - Behindertensport Fußballer verpassen das Deutschland-Finale nur knapp.

10.08.2015

Erst in den letzten Zügen zur Landesmeisterschaft der Behinderten im Fußball nahm das Drama seinen Lauf.

Neinstedt/MZ Erst in den letzten Zügen zur Landesmeisterschaft der Behinderten im Fußball nahm das Drama seinen Lauf. Nach dem 1:1-Unentschieden in der regulären Spielzeit gegen die Lebenshilfe Magdeburg verschossen gleich alle drei Neinstedter Schützen. Entweder verfehlten sie das Tor oder der Keeper hielt die Schüsse.

„Es war schon völlig überraschend, dass wir überhaupt so nah am Titel waren“, erklärt Mannschaftsleiter Andreas Koch von der Evangelischen Stiftung Neinstedt. Die Mannschaft der Teamwork-Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) Neinstedt hätte sich zuvor nur selten für das Landesfinale qualifiziert, durfte teilweise lediglich als Gastgeber für die Endrunde des Landes dabei sein. Selbst wenn die Spieler von der Bode zur Endrunde antreten durften, blieb ihnen bisher ein Platz auf dem Treppchen verwehrt.

„Wir hatten nur einen Wechselspieler, zudem fehlte uns mit René Hölzel ein wichtiger Stürmer“, ergänzt Steffen Mühlhaus, der mit Koch sowie Christian Franke und Paul Fuhrmeister das Training absichert. „Vielleicht war dadurch auch der Druck weg, der unsere Truppe in den Vorjahren völlig verunsichert hatte, gerade wenn es darauf ankam“, glaubt Mühlhaus. Diesmal lief es viel besser.

Mit dem 9:1 gegen Wittenberg gelang den Neinstedtern nicht nur ein glänzender Start in die Vorrunde, sondern auch der bisher höchste Pflichtspielsieg. Dem 2:1 gegen Gardelegen folgte noch ein 1:0 gegen die Pfeifferschen Stiftungen Magdeburg, was den Staffelsieg bedeutete.

Die Geschichte des Behindertensports in Neinstedt begann bereits in den 1970er Jahren, als Trainer Matthias Buff begann, Leichtathleten und Fußballer um sich zu scharren. „Es gab auch Wettkämpfe mit anderen kirchlichen Einrichtungen“, erinnert sich Volker Schoodt. Der heute 60-Jährige zählte zu den Mitbegründern der Neinstedter Sportgruppen und verstärkte noch bis vor fünf Jahren das Fußball-Team. „Dann konnte ich mit den Jüngeren nicht mehr mithalten“, sagt er. „Trotzdem hatten alle Hochachtung vor der Leistung in seinem Alter“, hat Mühlhaus immer wieder beobachtet.

1977 habe das erste gemeinsame Sportfest mit den Staßfurtern stattgefunden, bei dem zunächst Wettbewerbe im Lauf, Weitsprung und Kugelstoßen anstanden, weiß Schoodt noch. „Nach dem Mittag wurde dann das Fußballspiel ausgetragen.“ Mit der politischen Wende und der Neuorientierung des Behindertensports bildete sich die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der WfbM. „Sie organisierte fortan die Fußball-Wettbewerbe auf Landesebene“, erläutert Mühlhaus. In vier Regionen werde um den Einzug in die Sachsen-Anhalt-Endrunde gekämpft, deren Austragung zwischen den Regionen wechselt.

Überstanden die Neinstedter bisher in den Landesturnieren nie die Vorrunde, standen sie nun im Halbfinale. Motiviert durch die Anfrage eines Trainers, der die Neinstedter David Uda und Manuel Gonsior sogar gern in der Landesauswahl haben möchte, zog das Team mit einem sicheren 2:0 gegen Salzwedel in Finale. „Dabei klappte fast alles“, erinnert sich Koch.

Er weist auf eines hin: „Was Thales Fußballer vor kurzem noch als Neuigkeit verkauften, hat in Neinstedt schon eine lange Tradition: Die Behinderten-Sportler sind im Sportverein integriert und gehören dazu wie die „normalen“ Aktiven. „Die ersten Verbindungen zwischen den Germanen und den WfbM sind schon über 20 Jahre her“, weiß Koch. „Die heute über 100 Vereinsmitglieder kommen auch aus anderen Sportarten.“

Auch wenn die Neinstedter das Deutschland-Finale in Duisburg nur knapp verpassten, sind sie stolz auf ihren Erfolg. Er wurde von den beteiligten Teams noch gekrönt, die den neunfachen Torschützen David Uda zum besten Spieler des Turniers wählten.

Damit es im nächsten Jahr vielleicht mit dem Titel im Land klappt, würden sich die Spieler auf die Rückkehr einer alten Tradition freuen. Doch diese will finanziert sein. Volker Schoodt: „Früher sind wir mit der gesamten Mannschaft ins Trainingslager gefahren.“

Team Neinstedt: Nico Rogge, Manuel Grünig, Manuel Gonsior, David Uda, Marcel Uda, Martin Wagner, Jerome Both, Philipp Fitzek, René Hölzel (nur Vorrunde)

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung Quedlinburg, Andreas Bürkner